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Der Geist

Seiteninhalt
Einführung
Die Skandhas
Der Geist als unsere „Software“
Klarer, lichter Geist
Die 51 mentalen Faktoren

„Religion bedeutet nicht nur Gelübde, Tempel, Klöster oder andere äußere Zeichen. Diese äußeren Faktoren sind, genau wie das Zuhören und darüber nachdenken, untergeordnete Faktoren, um den Geist zu zähmen.
Wenn der Geist die Praxis wird, dann ist man ein Praktizierender seiner Religion.
Und wenn der Geist nicht die Praxis wird, dann ist man es nicht.“

S.H. der Dalai Lama in „Deity Yoga”

Einführung

Die Basis für buddhistische Philosophie und buddhistische Praxis ist das genaue Verständnis unseres Geistes; wie der erste Vers im Dhammapada sagt:

“Alle Dinge werden vom Geist vorhergesehen, vom Geist geführt, vom Geist erschaffen.“

Auch im Abidharma wird die Welt als von unserem Geist gemacht (aus unserem Geist entstanden) betrachtet.

Der Geist ist im Buddhismus definiert als ein nicht-physisches Phänomen. Dieses Phänomen nimmt Dinge wahr, bemerkt sie, erfährt die Umgebung und reagiert auf die Umgebung. Der Geist hat dabei zwei Hauptaspekte: Klarheit und Wissen; dies bedeutet, dass der Geist klar und formlos ist und Objekten erlaubt, in ihm zu entstehen. Der Geist ist wissend, ein Gewahrsein und ein Bewusstsein, das mit Objekten in Verbindung treten kann.

„Was ist der Geist? Der Geist ist ein nicht-körperliches, nicht-substanzielles Phänomen, er hat keine Form und keine Farbe; aber er reflektiert die Objekte, wie ein Spiegel es tut.“
Lama Zopa Rinpoche

Es wird erklärt, dass der Geist aus zwei Aspekten besteht: dem konzeptuellen und dem nicht-konzeptuellen Teil. Der konzeptuelle Teil des Geistes lässt uns das alltägliche Leben bewältigen, weiß jedoch nichts über die wirkliche Realität. Der nicht-konzeptuelle Teil des Geistes wird auch Buddha Natur genannt (Tib.: rigpa ), fundamental reine Natur des Geistes, die die Leerheit realisiert. (Siehe die Seite über Weisheit).

Um zu studieren und uns zu üben benutzen wir den konzeptuellen Geist, und erst danach kann der nicht-konzeptuelle Geist – die Buddha Natur – wirklich hervortreten.

In der buddhistischen Psychologie wird den sogenannten „Trugbildern“ eine sehr große Bedeutung gegeben. Wir müssen diese „Trugbilder“ verkleinern und sie letztendlich ganz aufgeben, wenn wir auf dem spirituellen Weg voranschreiten wollen.

Ein über 1800 Jahre alter Einzeiler von Nagarjuna:

„Ohne die Disziplin des Überwachens des Geistes wäre jede andere Disziplin sinnlos.“

Ayya Khema:

„“In Pali sind „Herz“ und „Geist“ dasselbe Wort, nämlich „Citta“. Aber im Deutschen haben wir zwei Worte. Wenn wir über den Geist sprechen, dann meinen wir im Allgemeinen unser Denken und intellektuelle Prozesse, wir meinen ein Verstehen, ein Wissen und wir sprechen auch von unserer Fähigkeit, uns zu erinnern und von all dem Gebrauch zu machen. Wenn wir hingegen von Herz sprechen, so meinen wir Gefühle, Emotionen und unsere Fähigkeit, aus unserem tiefsten Sein heraus zu reagieren. Auch wenn wir vielleicht der Meinung sind, dass wir unser Leben hauptsächlich auf der Grundlage von Denkprozessen leben, so ist dies nicht der Fall. Wenn wir dies nämlich näher untersuchen, werden wir herausfinden, dass wir unser Leben hauptsächlich auf der Grundlage unserer Gefühle leben und dass unsere Gefühle auch unsere Denkprozesse steuern. Der emotionale Aspekt in unserem Leben ist von solch einer großen Bedeutung, dass seine Reinigung die Grundlage für ein harmonisches und friedliches Leben und gute Meditation bietet.“

Für Mehr Informationen, wie man mit den verwirrende emotionen umgeht, siehe die Seiten über Problematische Emotionen.

Die Skandhas

Eine „Person“ kann beschrieben werden als eine Anzahl von Phänomenen, die in einer einzigen Einheit miteinander funktionieren. Im Westen beziehen wir uns dabei im Wesentlichen auf Körper, Geist und manchmal die Seele. Nach der buddhistischen Denkweise sind es die fünf Skandhas, mit deren Hilfe eine „Person“ definiert wird. Die fünf Skandhas sind:

1. Form
2. Gefühl
3. Wahrnehmung
4. Gestaltende Wahrnehmung/begriffliche Wahrnehmung
5. Bewusstsein

Zunächst einmal ist es interessant zu erkennen, dass vier der fünf Skandhas den Geist betreffen. Sie haben überhaupt nichts zu tun mit der Herangehensweise an die Definition einer „Person“, die in der westlichen Psychologieüblich ist. Des Weiteren werden diese Unterscheidungen und Überlegungen in der buddhistischen Psychologie vom Standpunkt der Frage aus betrachtet, wie wir Befreiung erlangen können; es geht dabei sicherlich nicht darum herauszufinden, wie das Gehirn funktioniert. Im Buddhismus wird das Gehirn lediglich als ein Teil des Körpers angesehen, wo einige der Anweisungen des Geistes zu den anderen Teilen des Körpers geleitet werden, jedoch ist es nicht der Ort, an dem die Gedanken entstehen; Gedanken entstehen in dem nicht-körperlichen Geist.

„Aus Kontakt entsteht Gefühl.
Aus dem Gefühl entsteht eine Reaktion.
Das ist es, was uns im Zyklus von Geburt und Tod gefangen hält.
Unsere Reaktionen auf unsere Gefühle sind unser Weg zur Wiedergeburt.“
Ayya Khema

Und um ein kleines Beispiel zur Veranschaulichung zu bringen: Etwas berührt unsere Hand. Dies ist körperlicher Kontakt, und – wie wir von westlichen Forschungen wissen – geben unsere Nervenzellen den von der Haut empfangenen Impuls weiter. Diese Energie wird dann von unserem Bewusstsein aufgenommen. Als Nächstes bewertet unser Gefühl diese Wahrnehmung: Sie ist angenehm, unangenehm oder neutral. Gleichzeitig versucht unsere Wahrnehmung herauszufinden, was unsere Hand berührt hat: ist es heiß oder kalt, gehört es vielleicht sogar zu anderen Wahrnehmungen... Vielleicht sehe ich einen Tisch neben meiner Hand und schließe daraus, dass meine Hand in Kontakt mit dem Tisch gekommen sein muss. Basierend auf der Wahrnehmung und unserem Gefühl dazu produziert unser Geist weitere Komponenten; beispielsweise, der Impuls, die Hand wegzuziehen, wenn die Wahrnehmung unangenehm war.

Der Geist als unsere „Software“

Um zu veranschaulichen, wie unser Geist in Zusammenhang mit unserem Körper steht, sollten wir Körper und Geist mit einem Computer vergleichen. Der Körper ist unsere Hardware, der Geist unsere Software. Wie bereits oben erwähnt, wird der Geist definiert als nicht-körperliches Phänomen; wahrnehmend, denkend, bemerkend und die Umwelt erlebend und auf sie reagierend. Obwohl Software auf einem Computer registriert werden muss, so enthält das Programm an sich schon sehr viele wichtige Eigenschaften. Ohne die Software (den Geist) ist die Hardware (der Körper) nutzlos. Die Hardware (der Körper) ist natürlich sehr wichtig in Bezug darauf, was der Computer alles kann; wie schnell er ist, welche Programme darauf laufen und wie der Computer mit der Welt interagieren kann.
Wie gut jedoch die Hardware auch immer sein mag, sie kann letztendlich nur umsetzen, was das Programm/die Software weiß. Die Hardware kann kaputt gehen, aber die Software kann trotzdem weiter verwendet und auf einen neuen Computer aufgespielt werden. Dies ist nicht unähnlich der Wiedergeburt! Die Software benutzt die „Sinne“ der Hardware, um „Input“ zu erhalten; so wie auch der Geist die Sinne dazu benötigt, die Welt zu erleben. Dies führt zu einer sehr wichtigen Beobachtung: Es ist leicht zu bemerken, dass ein Computer nicht „Objektiv“ mit der Welt umgeht. Es hängt davon ab, welche Videokamera, welches Mikrophon und welches Modem man an den Computer anschließt, daran wird sich der „Input“ orientieren. Genauso wenig können unsere körperlichen Sinne objektiv sein: die Ohren der Menschen sind verschieden, die Augen der Menschen sind verschieden, etc. Wie könnte da jemand behaupten, ein objektiver Beobachter zu sein?
Darüber und darunter liegt die Software; je fortgeschrittener entwickelt die Software ist, desto intelligenter werden wir mit der Welt umgehen und feststellen können, was das Richtige zu tun ist. So fortgeschritten und entwickelt unser Geist ist, desto weiser und intelligenter werden wir sein. Wir werden nicht mit starken körperlichen Probleme konfrontiert.
So wie die Software bestimmt, was die Hardware tut, so ist der Geist der Meister des Körpers – innerhalb der natürlichen Grenzen des Körpers. Der Buddha machte jedoch ganz deutlich, dass der menschliche Körper die beste „Hardware“ ist! Es gibt Grenzen der Entwicklung der Hardware; so werden beispielsweise die Speichermöglichkeiten für elektronisch verfügbare Informationen auf Chips immer größer, aber es gibt körperliche Grenzen, die die Entwickler mit einberechnen müssen. Mit der Software scheinen die Grenzen viel weniger klar zu sein. Niemand kann sagen, wo die Entwicklung von Computern enden wird. Der Buddhismus lehrt uns, dass es keine klar definierten Grenzen für die Entwicklung unseres Geistes gibt. Allwissenheit ist möglich. In diesem Stadium lösen sich alle unsere üblichen Ideen und Konzepte auf; sie sind nicht länger begrenzt und nicht-objektiv.
Der Buddhismus ermutigt uns, den Geist in ein anderer Zustand zu transferieren, den es uns ermöglicht, über Grenzen, Leiden und unsere üblichen Probleme hinaus zu gehen. Die Methode, mit der wir unseren Geist entwickeln können, ist ein Zusammenspiel von Studium und Meditation. Zunächst einmal müssen wir verstehen, wie unser Geist wirklich funktioniert, um dann das „Neuprogrammieren“ in der Meditation durchführen zu können. Deshalb sind das Verständniss von buddhistischen Psychologie und der Praxis der Meditation so wichtig.

Klarer, lichter Geist

Im tibetischen Buddhismus wird sehr häufig der klare, lichte Geist erwähnt. (Siehe dazu auch Tod und Wiedergeburt),
Über den wir uns normalerweise nicht klar werden. Dieser Zustand erscheint nur dem sehr fortgeschrittenen Meditierenden im Prozess des Todes, aber nur die wirklich fortgeschrittenen Meditierenden werden in der Lage sein, dies wahrzunehmen. Es ist ein nicht-konzeptueller, letztendlicher Zustand des Geistes.

Aus einer Vortragsreihe, die s.H. der Dalai Lama in der Zeit vom 11-14 Oktober 1991 in New York City gegeben hat:

Frage: „Wenn Menschen von klarem, lichten Geist hören, der im Moment des Todes erscheint, möchten sie wissen, weshalb er „klares Licht“ genannt wird. Was hat dies also mit Licht zu tun, wie wir es normalerweise kennen?“

Antwort: Ich denke nicht, dass wir das wörtlich nehmen sollten. Es ist eher metaphorisch gemeint. Vielleicht liegt der Grund für diese Bezeichnung in unserem mentalen Willen. Es wird gesagt, dass alle mentalen Ereignisse und alles, was im Geist geschieht, eine Natur von Klarheit und Lichtkraft(Leuchtkraft hat. Deshalb wird der Begriff des Lichts gebraucht. Klares Licht ist das subtilste Stadium des Geistes, welches gesehen werden kann als die Grundlage oder Quelle, aus der heraus Buddhaschaft und Buddhas Weisheit kommt; deshalb wird dieser Geist klares Licht genannt. Dieses Stadium erreicht man nur durch lange Sequenzen von Meditation, während denen der Geist von den Arten der Verdunkelungen befreit wird. Die Verdunkelungen werden – ebenfalls metaphorisch – beschrieben als Sonnen-gleich, Mond-gleich, Dunkelheit und „klares Licht“light; zusammengenommen werden sie als die vier Stadien bezeichnet. Im letzten Stadium ist der Geist von allen Verdunkelungen befreit. Man kann den klaren, lichten Geist jedoch auch als Natur unseres Geistes bezeichnen. Geist oder Bewusstsein ist ein Phänomen, das von Natur aus keinerlei Verdunkelungen enthält.“

Eine Belehrung von Ajahn Chah (Pra Bhodinyana Thera):

“Über diesen Geist... Im Grunde genommen ist gar nichts falsch mit ihm. Er ist vollkommen rein. In sich selbst ist er friedvoll. Der Geist ist einfach ein Aspekt der Natur. Er wird friedvoll oder aufgeregt, weil es bestimmte Launen ihm abverlangen. Der ungeübte Geist ist dumm. Sinneseindrücke kommen und bewegen ihn in einen fröhlichen Zustand, in einen leidenden Zustand, Freude und Trauer, aber die wahre Natur des Geistes ist nichts von alle dem. Die Fröhlichkeit oder Traurigkeit ist nicht der Geist, sondern nur eine Laune, die uns täuschen möchte. Der ungeübte Geist folgt diesen Launen. Dann denken wir, dass wir es sind, die fröhlich, traurig oder entspannt werden. Aber in Wirklichkeit ist unser Geist unbewegt und friedvoll... Wirklich friedvoll!!! Wie ein Blatt, das still ist, so lange nicht der Wind kommt und es bewegt. Wenn ein Wind aufkommt, bewegt sich das Blatt. Die Bewegung hängt also vom Wind ab--- genauso folgt der Geist den Sinneseindrücken. Wenn wir wirklich unsere Sinneseindrücke als Solche begreifen, gibt es keinen Grund mehr, ihnen zu folgen. Unsere Praxis ist daher einfach, den ursprünglichen Geist zu sehen. Deshalb müssen wir den Geist trainieren, diese Sinneseindrücke zu erkennen, ohne sich in ihnen zu verlieren. Das ist der Sinn all unserer Meditationspraxis, die wir tun.“

51 mentale Faktoren

In dem Abhidharmakosha von Vasubandu werden verschiedene mentale Faktoren beschrieben. Diese Liste hat nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, aber möchte die wichtigsten mentalen Stadien bezogen auf Meditationspraxis beschreiben.

Die all-gegenwärrtigen Faktoren

1. Form
2. Gefühl
3. Wahrnehmung
4. Gestaltende Wahrnehmung/begriffliche Wahrnehmung
5. Bewusstsein

Die fünf Objekt-feststellenden Faktoren

6. Anstreben
7. Wertschätzung
8. Vergegenwärtigung
9. Konzentration
10. Weisheit

Die elf heilsamen Faktoren

11. Vertrauen
12. Selbstachtung
13. Rücksichtnahme
14. Begierdelosigkeit
15. Hasslosigkeit
16. Verblendungslosigkeit
17. Tatkraft
18. Beweglichkeit
19. Achtsamkeit
20. Gleichmut
21. Gewaltlosigkeit

Die sechs Wurzelleidenschaften

22. Begierde
23. Wut
24. Stolz
25. Unwissenheit
26. Zweifel
27. Leidenschaftsverbundene Ansicht

Die zwanzig Nebenleidenschaften

28. Zorn
29. Unversöhnlichkeit
30. Verheelen
31. Starrsinn
32. Neid
33. Geiz
34. Heuchelei
35. Falschheit
36. Eingebildetheit
37. Böswilligkeit
38. Mangelnde Selbstachtung
39. Mangelnde Rücksicht
40. Dumpfheit
41. Erregung
42. Unglaube
43. Trägheit
44. Achtlosigkeit
45. Vergesslichkeit
46. Mangelnde Selbstprüfung
47. Ablenkung

Die vier wandelbaren Faktoren

48. Schlaf
49. Reue
50. Prüfung
51. Untersuchung

Nur zum Spaß

Bewustsein ist die ärgerliche Zeit zwischen.zwei Nickerchen.
Unbekannt

Wem wirst Du glauben, mich oder deinen eigenen Augen?
Groucho Marx

Unser wissen kann nur begrenzt sein, während unser Unwissenheit unendlich sein muss.
Sir Karl Raymund Popper

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Letzter Änderung: March 29, 2008