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Ein
spiritueller Lehrer – Ein Guru
„Verlasst Euch bei der Bewertung
eines Gurus auf das, was die Lehren sagen:
Habt kein blindes Vertrauen, aber auch keine Haltung von blinder
Kritik.“
S.H. Der Dalai Lama Was ist ein Guru?
Die Rolle eines Gurus oder spirituellen Lehrers
wird im Westen oft missverstanden. Wir haben es verlernt, für
Jahre unter einem bestimmten Lehrer zu studieren und uns zu bilden,
um eine bestimmte Fähigkeit bestens zu beherrschen oder uns
ein bestimmtes Wissen anzueignen. Wir sind nicht mehr an ein solches
System gewöhnt. Es gibt eine menge Verwirrung über spirituelle
Lehrer; manche mögen glauben, dass der Guru die gesamte Verantwortung
für das Leben eines Schülers übernimmt.
„Es scheint, als wollten die meisten Schüler
lieber kleine Kinder bleiben.“
Scott Mandelker
Aber keiner kann für uns die Verantwortung
für unser Leben übernehmen.
Selbst dann, wenn wir manche Entscheidungen Anderen überlassen,
sind wir noch immer verantwortlich für unsere Handlungen –
sogar in dem Punkt, dass wir die Entscheidung jemand Anderem überlassen
haben.
Wir müssen realistisch im Umgang mit spirituellen
Lehrern sein. Wenn wir etwas lernen möchten, brauchen wir einen
Lehrer; oder es ist doch zumindest nützlich, wenn wir einen
solchen Lehrer haben. Wie weit wären wir im Lesen und Schreiben
gekommen, wenn wir keinen Lehrer gehabt hätten?
„Wenn Ihr den Dharma nur zum Zwecke des
Studierens studiert, und wenn Ihr Dharma nur zu Eurem eigenen
Wohl studiert, um Euch zu beweisen, wie intelligent Ihr seid,
dann braucht Ihr keine Guru-Schüler-Beziehung. Dann ist es,
als würdet Ihr zur Universität gehen. Dort studiert
Ihr mit unterschiedlichen Lehrern und Professoren, und Ihr kommt
gut voran. Aber wenn Ihr Euch wirklich an den Pfad binden möchtet,
dann ist es notwendig, solch eine Beziehung aufzubauen.“
Zasep Tulku Rinpoche
Im Buddhismus ist ein spiritueller Lehrer wirklich
notwendig, weil er uns zu unserer inneren Weisheit, zu unserem inneren
Guru führt. Wir müssen selbst Weisheit und Einsicht kultivieren,
um am Ende selbst ein Lehrer und ein Buddha werden zu können.
In diesem Sinne könnten wir den spirituellen Lehrer auch „spirituelle
Mutter“ nennen. Am Anfang des Pfades sind wir sehr hilflos
und brauchen viel Hilfe und Führung. Aber am Ende sollten wir
in der Lage sein, auf unseren eigenen Füßen zu stehen.
"Ein Guru ist eine Person, die Euch die
Natur Eures Geistes zeigen kann und die Gegenmittel für Eure
psychischen Probleme kennt. Jemand, der nicht einmal seinen eigenen
Geist kennt, kann den Geist von Anderen erst recht nicht erkennen
und kann deshalb auch kein Guru sein.“
Lama Thubten Yeshe
„Ein spiritueller Lehrer, der uns hilft,
auf dem Pfad zu bleiben und voran zu gehen, mit dem wir offen
unsere Schwierigkeiten diskutieren können, weil wir uns einer
mitfühlenden Antwort sicher sein können, ist eine sehr
große Hilfe für uns. Ein wirklicher Freund ist gleich
einem Bergführer. Einen spirituellen Pfad zu gehen ist gleich
dem Aufstieg auf einen Berg. Wir wissen nicht, was wir am Gipfel
des Berges finden werden. Wir haben lediglich gehört, dass
es dort sehr schön sein soll, jeder dort glücklich ist,
dass die Aussicht großartig und die Luft nicht verschmutzt
ist. Wenn wir nun einen Führer haben, der den Berg bereits
einmal bestiegen hat, kann dieser uns helfen, nicht in eine Schlucht
abzustürtzen, auf Steinen auszurutschen oder vom Weg abzukommen.
Das einzige allseits bekannte Gegenmittel für all unsere
Hindernisse sind edle Freunde und wunderbare Gespräche, die
eine gesunde Nahrung für den Geist darstellen.“
Ayya Khema
„Alles, was Ihr tun müsst, um einen
Buddha zu finden, ist Eure eigene Natur zu sehen. Eure Natur ist
der Buddha. Und der Buddha ist die Person, die frei ist –
frei von Plänen, frei von Sorgen. Wenn Ihr Eure Natur nicht
seht und statt dessen den ganzen Tag herumrennt, um woanders nach
dem Buddha zu suchen, werdet Ihr niemals einen Buddha finden.
Die Wahrheit ist: Es gibt nichts zu finden. Aber um dies wirklich
zu verstehen, braucht Ihr einen Lehrer (...)“
Bodidharma
Bevor man sich entscheidet, einem spirituellen
Lehrer zu folgen, ist es außerordentlich wichtig, ihn genauestens
zu überprüfen. Im alten Indien wurden spirituelle Lehrer
häufig 12 Jahre oder noch länger von ihren potentiellen
geprüft, bevor die Schüler sich ihm entweder anvertraut
oder sich von ihm abgewandt haben. Es ist leider sehr leicht, anderen
Menschen einfach blind zu vertrauen... Es ist wichtig, nicht nur
auf sein Gefühl zu hören; es sollte bereits eine Art persönliche
Beziehung bestehen; aber wir müssen überprüfen, ob
das Verhalten des Gurus mit seinen Worten übereinstimmt; wir
sollten hören, was seine Schüler sagen, und wir sollten
erfahren, was andere Lehrer über ihn denken.
„Frage: „Woher soll man denn nun
wissen, ob ein Lehrer vertrauenswürdig ist?“
Antwort von s.H. dem Dalai Lama: „Dies
herauszufinden sollte in Übereinstimmung mit Deinem Interesse
und Deiner Neigung geschehen. Aber Du solltest kritisch analysieren.““
Jamgon Kongtrul Lodro Thaye beschreibt in seiner
Abhandlung namens „Die Lehrer-Schüler-Beziehung“:
„Es ist schwer, einen authentischen Lehrer
zu finden, weil diese Qualitäten ewig sind. Wir können
sie nicht von externen Faktoren abhängig machen, aber es
sind dennoch nur die externe Faktoren, die wir sehen. Es ist sehr
schwer, die inneren Qualitäten einer anderen Person wahrzunehmen.
Ein Geschäftsmann mag freundlicher zu uns sein als unser
bester Freund, während doch seine einzige Motivation ist,
uns etwas zu verkaufen... Und ebenso kann es sein, dass ein spiritueller
Lehrer, der sich uns gegenüber freundlich und mitfühlend
zeigt, dies in Wirklichkeit gar nicht ist. Da wir die inneren
Qualitäten eines potentiellen Gurus nicht sehen können,
können wir uns auch nicht an ihnen orientieren. Es gibt für
den Suchenden keine einfache Lösung; aber es gibt dennoch
Dinge, die wir tun können. Es ist wichtig, dass wir uns mit
den von Kongtrul Rinpoche zusammengefassten Charakteristika eines
Gurus befassen. Und wir müssen uns selbst darüber klar
werden, was wir wollen, während wir auf der Suche sind. Suche
ich nach einem Lehrer, um zum Wohle aller Wesen Erleuchtung zu
erlangen? Oder suche ich einen Lehrer, um von mir selbst sagen
zu können, wie großartig ich bin? Oder fühle ich
mich nur hingezogen zu einem Lama, seinem wundervollen Land oder
seinem Sangha? Und so weiter. Glücklicherweise ist es uns
möglich, unsere Motivation zu ergründen und so den richtigen
spirituellen Lehrer für uns zu finden. Wir könnten jeden
Tag zu Buddha, Dharma und Sangha beten, dass wir einen authentischen
spirituellen Lehrer finden mögen.“
Weshalb einem Guru folgen?
Im tantrischen Buddhismus ist ein Guru außerordentlich
wichtig wegen der Einweihungen, der Praxis und dem Studium. Lange
Zeit war die Verbindung mit einem Guru und das Praktizieren von
„Guru Hingabe“ sehr geheim, da die Beziehung zwischen
Guru und Schüler sehr eng ist. Diese Beziehung zwischen Lehrer
und Schüler ist so eng, dass sie in der Außenwelt tatsächlich
zu Missverständnissen führen kann.
S.H. der 14. Dalai Lama:
„Wir benötigen Führung und Hilfe
auf dem spirituellen Pfad. Ganz offensichtlich ist eine Person,
die bereits den Pfad gegangen ist, für uns die beste Hilfe.
Eine solche Person kann uns dabei behilflich sein, unser Fortschreiten
auf dem Pfad zu beschleunigen und unser Verständnis zu vertiefen.“
Weshalb benötigen wir einen erfahrenen Führer?
Nun, ich mag die Geschichte von Rama Krishna: Der Meister Tapobana
hatte einen Schüler, der ihm mit Fleiß diente. Und obwohl
der Meister den Schüler ziemlich dumm fand, behielt er ihn,
weil er so gut für ihn sorgte. Eines Tages begann sich das
Gerücht zu verbreiten, dass der Schüler über das
Wasser gegangen sei. Er habe den Fluss überquert, als überquerte
er eine Straße. Er holte seinen Schüler und befragte
ihn. „Ist es wahr, was die Leute sagen? Bist du wirklich übers
Wasser gegangen?“ „Was könnte es einfacheres geben
als das?“ erwiderte der Schüler. „Es ist durch
dich, gesegneter Lama, dass ich über das Wasser gehen kann.
Bei jedem Schritt habe ich deinen vollen Namen genannt, und das
hat mich aufrecht gehalten.“ Tapobana dachte: Wenn mein Schüler
über das Wasser gehen kann, in dem er meinen Namen aufsagt,
was würde für mich, seinen Lehrer, dann noch unmöglich
sein? Wenn durch meinem Namen Wunder statt finden können, dann
muss ich heiliger sein als ich dachte. Und ich habe selbst noch
nie versucht, über das Wasser zu gehen. Ohne zu zögern
rannte er zum Fluss und mit unerschütterlichem Glauben wiederholte
er: „Ich... Ich... Ich...“; und sank, und sank, und
sank...
Der Buddha hat seine Lehren mit Medikamenten verglichen.
Den Guru hat er mit einem Arzt verglichen, der die heilenden Medikamente
verordnet.
Natürlich ist es möglich, dass wir mehrere
Lehrer haben. Jeder Lehrer in unserem Leben ist wichtig. Aber es
mag einen spirituellen Lehrer geben, den wir unseren „Wurzelguru“
nennen, weil er uns wirklich inspiriert und berührt und weil
wir seinem Rat ganz besonders folgen. Einen Wurzelguru zu haben
ist besonders dann wichtig, wenn wir Tantra praktizieren möchten,
einfach deshalb, weil die Methoden, die wir dort verwenden, so fortgeschritten
sind, dass wir Führung benötigen. Dem Rat unseres Lehrers
dann vollends zu folgen ist wichtig, da alles Andere zu großen
Schwierigkeiten führen könnte
Qualifikationen eines Guru.
1. Angemessenes ethisches Verhalten: Ein Guru
sollte nicht Leid zufügen, sondern Anderen hilfreich sein.
2. Einspitzige Konzentration.
3. Keine selbst-ergreifenden oder egoistischen Gedanken.
4. Liebe und Mitgefühl als die hauptsächlichen Motivationen
für das Unterrichten.
5. Leerheit verstanden oder wenigstens ein intellektuelles Verständnis
davon haben.
6. Beharrlichkeit bei den Belehrungen.
7. Großes Wissen über die Schriften haben.
8. Mehr gelehrt und realisiert sein als der Schüler
9. Geschickter Redner
10. Enttäuschung in Zusammenhang mit den Schülern aufgegeben
haben.
Wenn es möglich ist, sollten wir versuchen,
einen Guru zu finden, der all diese Qualitäten besitzt. Aber
er sollte wenigstens die ersten fünf Qualitäten besitzen.
Das mag vielleicht schon schwer genug sein...
Qualifikationen eines Schülers
Da bei einem spirituellen Lehrer bestimmte Qualifikationen
vorausgesetzt werden, soll dies auch bei einem Schüler der
Fall sein.
Ein Schüler sollte sich selbst als Patienten,
den Lehrer als den Arzt, den Dharma als die Medizin und das Meditieren
als das Einnehmen der Medizin betrachten.
Wie es der Dalai Lama ausdrückt: „Es
gibt keinen Ersatz für harte Arbeit.“
Ein wirklicher Schüler sollte drei Dinge vermeiden:
- wie ein umgekehrt stehendes Gefäß zu sein: sich verweigernd,
die Lehren in sich aufzunehmen und skeptisch zu sein,
- wie ein beschädigtes Gefäß zu sein: alles vergessend
und keinerlei Interessezeigend,
- wie ein verschmutztes Gefäß zu sein: alles besser wissen
wollend als der Lehrer, eingebildet sein
Ein Schüler sollte diese drei Dinge beherzigen:
- Fehlen von Urteilen, offenen Geistes sein.
- Intelligenz und ein kritischer Geist: nicht einfach Anweisungen
folgend.
- Streben: Nicht nur studieren, sondern meditieren und wirklich
die Ergebnisse wahrnehmen.
Wie Lama Govinda in „A living buddhism for
the west“ schreibt:
„Wenn ein Schüler von einem Guru akzeptiert
wird, sollte er gegenüber dem Lehrer voller vertrauensvoller
Offenheit und Hingabe sein. Dies sind die beiden Bedingungen,
ohne welche spirituelle Führung niemals möglich ist.
Und gerade an dieser Stelle machen es sich westliche Schüler
oft selbst schwer, weil sie sich selbst nicht dazu bringen können,
diese Bedingungen zu erfüllen. Selbst dann, wenn sie die
Liebe zu ihrem Lehrer bekennen, verteidigen sie dennoch ihre Meinung
und ihren Standpunkt. (...) Ein Guru ist nicht dazu da, uns mit
„samthandschuhen“ anzufassen und es uns so bequem
wie möglich zu machen. Statt dessen will er unser persönliches
Erkennen und unser persönliches Wachstum fördern. Er
will uns nicht lehren, sondern inspirieren. Aber er will seine
Schüler auch von der Anhaftung an ihre Meinungen, Urteile,
und Dogmen befreien. Das ist oft ein schmerzhafter Prozess.“
Aber, wie es Lowenthal in „Opening the heart
of compassion“ kommentierte:
„Während Respekt und Offenheit gegenüber
unserem Guru wichtig für unser Wachstum und unsere Freiheit
sind, fixieren uns blinder Glaube und blinde Hingabe auf diese
eine Person. Dann wird unser Tun definiert durch die Persönlichkeit
unseres Lehrers, und wir werden nicht befreit durch die Belehrungen.“
Qualifikationen eines Mahayana
Gurus
Aus: "Path to Buddhahood, Teachings on Gampopa's
Jewel Ornament of Liberation" von Ringu Tulku:
Laut eines Sutras mit dem Namen „Die Bodhisattva
Stufen“ sollten die Mahayana Gurus oder spirituellen Lehrer
folgende acht Qualitäten besitzen:
1. Sie müssen zu allererst einmal den
Gelübden und Pflichten eines Bodhisattvas entsprechend
handeln.
2. Sie müssen in aller Tiefe den Pfad eines Bodhisattva
studiert haben.
3. Ihr Verständnis muss tief und darf nicht nur intellektueller
Natur sein; sie müssen die Lehren wirklich erfahren haben.
4. Sie müssen ehrliches Mitgefühl mit allen fühlenden
Wesen empfinden.
5. Sie müssen furchtlos und mutig sein, nicht nur auf sich
selbst bezogen, sondern auch beim Unterrichten.
6. Sie müssen tolerant und geduldig mit ihren Schülern
und ihrer Praxis sein.
7. Sie müssen hartnäckig und zäh sein und dürfen
es sich nicht erlauben, sich von Entmutigung und Enttäuschung
davon tragen zu lassen.
8. Sie müssen in der Lage sein, effektiv mit ihren Schülern
zu kommunizieren.
Wo und wann man einen Guru findet
Dies kann nicht abschließend beantwortet
werden, denn jedes Individuum ist anders. Doch es wird oft gesagt,
dass Guru und Schüler sich begegnen, wenn der Schüler
bereit für die Begegnung ist. Wenn Ihr keinen Lehrer findet,
dann überprüft, ob Ihr die oben aufgeführten Qualitäten
eines Schülers wirklich erfüllt. Es ist wichtig, dass
wir unsere eigenen Qualitäten entwickeln, anstatt in der Welt
herumzurennen und „unseren Guru“ zu suchen. Es ist durchaus
möglich, dass Ihr aufgrund Eures Karmas sehr viel tun müsst,
bis Ihr Eurem Lehrer schließlich begegnet. Selbst-Reflektion
kann Euch dabei helfen, Euch in Geduld zu üben.
„Wenn Ihr keinen spirituellen Lehrer findet,
verzweifelt nicht. Seid einfach so gute Schüler, wie Ihr
es sein könnt – mit einem offenen Herzen.“
Shian auf TheDailyEnlightenment.com
Gefahren einer Guru-Schüler-Beziehung
Ein Wort der Warnung sollte gesprochen werden.
Leider gibt es Traditionen, Zentren und Lehrer, die fragwürdig
sind. Bitte werdet Euch deshalb klar darüber, wo und mit wem
Ihr Kontakt macht, bevor Ihr mit jemandem als Eurem Lehrer wirkliche
Verbindung eingeht. In Indien war es lange Zeit üblich zwischen
Schüler und Lehrer, dass sie sich gegenseitig über einen
Zeitraum von manchmal bis zu 12 Jahren ausgetestet haben, bevor
sie eine wirkliche Verbindung eingegangen sind. Dies mag heutzutage
sehr unpraktisch sein. Die meisten Schüler hätten vermutlich
keine Lehrer, und die Lehrer würden ohne Schüler bleiben...
Dennoch müssen wir sehr kritisch und vorsichtig sein. Sogar
der Dalai Lama hat darauf aufmerksam gemacht. Es gibt die Gefahr,
dass unsere Gurus uns ausnutzen – entweder materiell oder
sogar sexuell. In dem Artikel „Spiritual Pathology“
habe ich das Folgende gefunden:
„Wir sind selbst für unsere Selbst-Täuschungen
verantwortlich und müssen an einem bestimmten Punkt die Resultate
für unsere Handlungen erfahren. Eine Erfahrung, wie krankhaftes
Verhalten sich in Religion verwandeln kann, musste ich selbst
in meinen jungen Jahren schmerzvoll erleben.
Ich befand mich in einer Beziehung mit einer Frau, die Bekanntschaft
mit einem langjährigen und erfahrenen Praktizierenden des
tibetischen Buddhismus schloss. Er war sehr charismatisch und
lebte zusammen mit seiner Frau und zwei Kinder. Er hatte sein
Zuhause in eine Art buddhistisches Zentrum verwandelt. Er war
ein begeisterter Anhänger von dem indischen Meister Padmasambava,
der den Buddhismus nach Tibet gebracht hatte. Er hatte zwei Begleiterinnen
– Mandarava und Yeshe Tsogyal.
Meine Freundin studierte mit diesem Mann, der ihr angeboten hatte,
ihr Lehrer zu sein. Sie fühlte sich durch seine charismatische
Ausstrahlung sehr angezogen und nahm sein Angebot dankend an.
Sie lebte eine Zeit lang bei ihm und lernte viel von ihm. Es war
eines Tages, als sie von einem langen Besuch bei ihm zurückgekehrt
war, dass ich erfuhr, welcher Art diese Treffen mit ihm waren.
Wie war seine Geliebte geworden. Er hatte seine Frau davon überzeugt,
dass dies notwendig sei, da die Beziehung mit meiner Frau eine
wichtige spirituelle Erfahrung sei. Obwohl es für diese Frau
sehr schmerzhaft war, stimmte sie zu, dass er sowohl mit meiner
Frau als auch mit ihr schlafen dürfe. Als ich meine Freundin
fragte, was los sei, sagte sie, ich solle es als Teil ihrer Meditationspraxis
verstehen und akzeptieren und ich solle es einfach mit der Art
von Partnerschaft vergleichen, die Padmasambava mit zwei Frauen
gleichzeitig gehabt hatte.
Sie versuchten beide mir einzureden, dass ich niemals die spirituellen
Höhen verstehen könne, die sie in ihrer sexuellen Praxis
erfuhren, und sie sagten, dass dies so rein sei, dass es nichts
Falsches daran geben könne. Meine Probleme damit, so sagten
sie, kämen daher, dass ich so sehr an meiner Freundin hängen
würde. Sie empfahlen mir, sie zu dieser hohen Liebe gehen
zu lassen. Mir wurde erzählt, sie sähe ihn als ihren
Guru an und müsse deshalb mit ihm sein, gleichgültig,
welchen Schmerz dies seiner Frau oder mir zufüge, denn Schmerz
komme nur durch Anhaftung.
Einige Zeit später besuchte uns der Mann, der sich für
einen hohen Lama hielt, exotische Kleider trug und sich wie ein
Yogi zu verhalten versuchte. Ich war schockiert, als er mir sagte,
ich solle meiner Frau erlauben, mit ihm zu schlafen, da dies eine
gute Möglichkeit für mich sei, Großzügigkeit
zu üben. Wenn ich dem nicht zustimmen könne, so sei
dies ein sicheres Zeichen dafür, dass meine Praxis von Bodhicitta,
das Streben, immer für das Wohl der fühlenden Wesen
zu arbeiten, hoffnungslos sei. Ich war jung, naiv und deshalb
fand ich keinen Grund, ihm zu misstrauen. Welcher Schmerz mir
auch immer begegnete – Es war wegen meinem eigenen Anhaften.
Er versuchte, mich davon zu überzeugen, dass dies das Beste
für meine Praxis sei, dass die Liebe meiner Partnerin so
rein sei und dass das, was sie taten, gut sei.
Ich erzähle diese Geschichte, weil sie zeigt,
wie leicht wir uns in solchen Reden verlieren können, nur
um unsere eigenen Taten im Leben zu rechtfertigen. Dieser Mann
war vollkommen blind dafür, was er da tat. Ich war recht
intrigant, als derselbe Mann einige Jahre später zu mir kam
und mir berichtete, dass er frustriert sei, weil seine Frau ihn
wegen eines Anderen verlassen hatte. Er brauchte jemanden zum
Reden. Er entschuldigte sich für sein Verhalten. Ich fand
es nicht einfach, ihm zuzuhören und Mitgefühl zu fühlen
und schwieg.“
Es ist sehr zu empfehlen zu diesem Thema das Buch
zu lesen: "Sich
mit einem spirituellen Lehrer verbinden: Eine gesunde Beziehung
aufbauen" von Alexander Berzin, frei im Web erhältlich.
Auch die Webseite 'Buddhistische
Sekten - Seiten zur Aufklärung und zum Schutz' enthält
viel gute Information betreffend Gefahren mit lehrer und Sekten
Nur zum Spaß
„Wir verbringen die ersten 12 Monaten unseres
Lebens damit zu lernen, wie man spricht und geht.
Die nächsten 12 Monate verbringen wir damit zu erlernen,
wie man den Mund hält und sich hinsetzt.“
Phyllis Diller
Letzter
Änderung:
December 11, 2016
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